Mein Strom kommt aus der Steckdose Teil 9: Für ein paar Dollar mehr

17.11.2015 16:56 von Sabine Driehaus

Ökostrom zum Spot(t)-Preis

Das war nicht immer so. Bis 2009 entsprach die Höhe der EEG-Umlage den Förderkosten für die erneuerbaren Energien. Seit Anfang 2010 jedoch muss der Ökostrom im Gegensatz zum konventionellen Strom an der sogenannten „Spot-Börse“ vermarktet werden. Diese dient vor allem als eine Art „Reste-Rampe“: Hier kann kurzfristig (innerhalb von 48 Stunden) noch Ware losgeschlagen werden, die sich anderweitig nicht verkaufen lässt. Das lohnt sich allerdings nur, wenn beim Verkauf mindestens die sogenannten „Grenzkosten“ wieder hereinkommen. Bei der Stromerzeugung handelt es sich dabei im wesentlichen um die Kosten für Brennstoffe und CO2-Verschmutzungs-Zertifikate, mit denen sich Unternehmen das Recht erkaufen, die Luft mit CO2 belasten zu dürfen. Der Strom der Kraftwerke mit den höchsten Grenzkosten ist also der teuerste. Besteht Nachfrage an Strom, werden zuerst die billigsten Kraftwerke zugeschaltet (das sind die erneuerbaren Energien, bei denen keine Grenzkosten dieser Art anfallen), dann die zweitbilligsten usw., bis der Bedarf gedeckt ist. Der Börsenpreis wird durch das jeweils letzte (also teuerste) Kraftwerk bestimmt, das noch benötigt wird, um die Stromnachfrage zu decken. „Merit-Order“ nennt das der Fachmann. Da immer mehr (günstiger) Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt und angeboten wird und sich an der Spot-Börse ohnehin nur wenig konventionelle (teurere) Stromproduzenten tummeln, sinkt insgesamt der Börsenpreis für Strom.

Die Energieversorger müssen den Ökostromproduzenten den Strom zwar abkaufen und die durch das EEG festgelegten, höheren Einspeisevergütungen zahlen, bekommen diese Mehrkosten aber durch die EEG-Umlage erstattet. Je niedriger der Börsenpreis für Ökostrom, desto mehr Ausgleichszahlungen bekommen sie. Gleichzeitig wird konventionell erzeugter Strom überwiegend an der „Termin-Börse“ langfristig zu einem Festpreis vermarktet. Da viele Energieversorger auch noch an der Erzeugung konventionellen Stroms beteiligt sind, ist klar, wo deren Prioritäten liegen: Ihnen kann der niedrige Börsenpreis also bestenfalls egal sein. Dem Verbraucher allerdings nicht; der zahlt schließlich die EEG-Umlage nach der neuen Berechnungsgrundlage

(Einspeisevergütung - Spotmarktpreis) x EEG-Strommenge = Höhe der EEG-Umlage

mit folgenden Auswirkungen:

1. Je niedriger der Spotmarktpreis, desto größer die Differenz zwischen Einspeisevergütung und Marktpreis und desto höher die EEG-Umlage.

2. Erhöht sich die Menge an Ökostrom, wird auch die EEG-Umlage teurer. Mit anderen Worten: Nach dieser Berechnungsgrundlage steigt die EEG-Umlage sogar noch trotz sinkender Einspeisevergütungen allein durch die Tatsache, dass immer mehr günstiger Strom aus erneuerbaren Energien auf den Markt kommt.

Hinzu kommt, dass konventionelle Kraftwerke selbst bei einem Stromüberschuss an der Börse nicht ausreichend gedrosselt werden (können), und dass die EEG-Umlage sich durch die Ausnahmeregelungen für die stromintensive Industrie auf immer weniger zahlende Verbraucher verteilt.

Seit 2009 hat sich die EEG-Umlage verfünffacht, während die reinen Förderkosten für die Anlagenbetreiber sich gerade einmal verdoppelt haben.

Wohin fließt der Differenzbetrag?

 

Lesenswert: Ternus, Tina (2012): EEG – Vom Hoffnungsträger zum Sündenbock

e-auto.tv/eeg-vom-hoffnungstraeger-zum-suendenbock.html

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