„Ich möchte nicht mein Enkel sein!“
17.10.2016 20:13 von Sabine Driehaus
Der Klimawandel ist Fakt!
Die Lage wird nicht dramatisiert, wie ein Vertreter der RWE-Tochter „Innogy“ uns glauben machen möchte, sie ist dramatisch, und Journalist Franz Alt bringt es auf den Punkt: Wenn wir nicht – sofort! - den CO2-Ausstoß drastisch senken, werden schon unsere Enkel ganz andere Probleme haben als marode Spielplätze und unsichere Renten. Der globale Temperaturanstieg ist eine Tatsache, und dass er keine natürlichen Ursachen haben kann, ist wissenschaftlich belegt. Aus der Arktis werden jedes Jahr neue Rekordwerte beim Eisrückgang gemeldet; das Dänische Meteorologische Institut (DMI) verweist auf Studien, die den ersten eisfreien Sommer für die Mitte dieses Jahrhunderts prognostizieren. Selbst im US-Bundesstaat Kalifornien gibt es schon jetzt Landstriche, in denen die Brunnen versiegt sind, das (nicht sehr saubere) Brauchwasser rationiert und Trinkwasser in Flaschen zugeteilt wird. Duschen, Geschirr spülen und der Gang zur Toilette? Luxus! Andere Teile der Welt wiederum werden von Unwettern und Überschwemmungen heimgesucht, und die betroffenen Menschen flüchten u.a. nach Mitteleuropa, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen. Wer kann es ihnen verdenken?
Die Verursacher sind wir!
Niemand möchte es hören, und Verantwortung zu übernehmen ist unbequem. Aber: Nicht die Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern sondern wir fahren große Autos mit Verbrennungsmotoren, wir verbrauchen den Löwenanteil der Energie und der Rohstoffe und verschmutzen die Umwelt, wir konsumieren maßlos, exportieren den Überschuss und rauben damit den Menschen in ärmeren Ländern die Lebensgrundlage. Für Markenkleidung und das neueste Smartphone geben wir viel Geld aus. Warum sind uns ausgerechnet ökologisch, vor Ort erzeugte Lebensmittel zu teuer, und warum feilschen wir bei den (Öko-) Strompreisen um Bruchteile von Cents? Wer massenhaft billiges Fleisch einfordert, muss sich nicht nur nicht über Medikamentenmissbrauch und Tierquälerei wundern, sondern unterstützt diese aktiv. Wer den Strom von Konzernen bezieht, die auf Kohle- und Atomstrom setzen, ist letztendlich auch mitverantwortlich für die Umwelt- und Gesundheitsschäden, die dadurch verursacht werden. Energiepolitik ist wichtig und ja, auch die Wirtschaftspolitik, aber wir leben in einer Demokratie und Marktwirtschaft; wir setzen die Prioritäten durch Wahlen und unser Verbraucherverhalten selbst.
Umdenken und handeln!
Das Wort „Nachhaltigkeit“ wird mittlerweile für alles Mögliche benutzt und ist dabei, zur Worthülse zu verkommen. Nachhaltigkeit bedeutet aber nichts anderes als Achtsamkeit, Wertschätzung dessen, was unter Einsatz von Ressourcen (und dazu gehören auch Arbeitskraft und Energie!) hergestellt wurde: Ist es wirklich so schlimm, den schicken, modischen Pullover, den wir gekauft haben, weil er uns gefallen hat, länger als eine Saison zu tragen? Haben wir tatsächlich so wenig Zeit, dass wir nicht mehr selbst kochen, sondern uns teuer von Fast Food und Fertigkost ernähren müssen, mit allem, was da drin (oder auch nicht drin) ist? Oder lieber die (bitteren) Pillen der Pharmaindustrie schlucken, als doch einmal unseren Lebensstil in Frage zu stellen? Muss man wirklich um die Welt jetten, oder ist ein Urlaub in heimischen Gefilden per Rad, Bahn oder zu Fuß nicht vielleicht sogar erholsamer?
Nicht Kraniche, Störche, Wölfe, Flüchtlinge oder mögliche Gewerbe- / Einkommensteuereinbußen bedrohen unsere Heimat, sondern wir selbst und unser Mantra „Wachstum um jeden Preis“: Ob wir wollen oder nicht; wir sind für uns und für die Zukunft unserer Kinder und Enkel verantwortlich. Punkt. Konsumieren wir intelligent und mit Bedacht oder machen wir weiter kaputt, was wir nicht mehr reparieren können, und sägen den Ast, auf dem wir sitzen, ganz ab?
Wir haben eine Wahl. Noch. Saúl Luciano Lliuya nicht.
Der Temperaturanstieg in den Ozeanen raubt nicht nur der arktischen Tierwelt ihren Lebensraum: Verändern sich Lage oder Temperatur des Golfstroms ist Schluss mit dem gemäßigten Klima in Mittel- und Nordeuropa. (hier: Westeis vor Grönland; Fotos: Kathrin Driehaus)