Mein Strom kommt aus der Steckdose: Teil 8

24.03.2015 12:45 von Sabine Driehaus

Eine kurze Geschichte der Energiewende

Wyhl, Wackersdorf, Brokdorf... vielen von uns sind die Großdemonstrationen der Anti-Atomkraftbewegung vor allem in den 80er Jahren noch in Erinnerung, und so manchem vielleicht auch die Polizeieinsätze mit Schlagstöcken, Wasserwerfern und Tränengas, mit denen der Staat seine Atompolitik vehement verteidigte. Schon vor dem Reaktorunglück in Tschernobyl 1986 veröffentlichte die damals noch junge Partei der „Grünen” eine Machbarkeitsstudie zum Ausstieg aus der Atomenergie – ohne dass „die Lichter alle ausgehen”, wovor die Stromkonzerne ja wiederholt warnten.

Die 80er Jahre waren vom ökologischen Aufbruch geprägt. Die ersten leistungsfähigen Windräder wurden gebaut, die Nutzung von Solarenergie nahm Fahrt auf. Was fehlte, waren sichere finanzielle Bedingungen für die Investoren. Die Netzbetreiber diktierten den „Einspeisern“ die Preise, drückten die Vergütungen für Ökostrom, wo sie nur konnten oder verweigerten die Abnahme ganz. Die Initiative von Matthias Engelsberger (CSU) und Wolfgang Daniels (Grüne) setzte diesem Treiben ein Ende: 1991 trat das sogenannte

Stromeinspeisegesetz

in Kraft, welches die Netzbetreiber zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien zu einem definierten Preis verpflichtete. Für jede Kilowattstunde Ökostrom mussten sie je nach Energiequelle ca. 13 bis 16 Pfennig zahlen; die Kosten wurden auf die Verbraucher umgelegt. Die dadurch entstandene Investitionssicherheit führte zu einem starken Anstieg der mittelständischen Ökostromproduktion: 1991 gab es beispielsweise noch weniger als 1.000 Windräder in Deutschland, 1999 waren es bereits über 10.000.

Dass diese Gesetzesvorlage im Bundestag auf so breite Zustimmung stieß, hing vor allem auch mit der Forderung der EU nach mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt zusammen.

Für die großen Stromversorger aber war dies der erste ernstzunehmende Angriff auf ihre Monopolstellung in der Geschichte der Energieversorgung. Eine Klagewelle gegen das Gesetz blieb jedoch erfolglos, selbst der Europäische Gerichtshof bestätigte die Rechtmäßigkeit. Und mehr noch: Das deutsche Modell hatte sich bewährt und wurde von 18 europäischen Staaten übernommen.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

2001 baute die damalige Rot/Grüne Regierung das Gesetz zu einem der Vorläufer des heutigen EEG aus: Die „Vorrangstellung“ der erneuerbaren Energien gegenüber den konventionellen wurde festgeschrieben und die Fördersätze für die noch teuren und daher weniger konkurrenzfähigen Energiequellen (Solarenergie, Biogas und Geothermie) stark erhöht, jedoch mit der Vorgabe, dass die Förderung jedes Jahr um 5 Prozent sinke.

Dieses erste EEG funktionierte (vereinfacht) nach folgendem „Wälzungsmechanismus“:

Jeder Stromproduzent lieferte seinen Strom über die lokalen Versorgungsnetzbetreiber (in Bissendorf z.B. wäre das heute „Westnetz“) an die großen regionalen Übertragungsnetzbetreiber („Amprion“) und erhielt dafür eine definierte Einspeisevergütung. Die Übertragungsnetzbetreiber „sammelten“ den Strom und „verteilten“ ihn zu gleichen Teilen an die Energieversorgungsunternehmen, so dass jeder Versorger die gleiche Menge an Ökostrom in seinen Strommix aufnahm (EEG-Quote). Für den Strom erhielten sie einen Preis, der sich aus den durchschnittlichen EEG-Einspeisevergütungen ergab. EEG-Quote und Durchschnittsvergütung wurden jeden Monat neu festgelegt, um (regionale) Schwankungen von Strommengen und EEG-Vergütungen auszugleichen. Die EEG-Umlage berechnete sich aus der Differenz zwischen den tatsächlichen Strombeschaffungskosten der Energieversorger und den Kosten, die durch die EEG-Durchschnittsvergütung entstanden:

EEG-Umlage = EEG-Quote x Differenzkosten

(Differenzkosten = EEG-Durchschnittsvergütung – durchschnittliche Strombeschaffungskosten)

Die Verbraucher bezahlten die EEG-Umlage über die Stromrechnung; es gab nur wenige Ausnahmen für Großverbraucher. Die Höhe der EEG-Umlage entsprach den tatsächlichen Kosten für die erneuerbaren Energien und stieg nur leicht mit dem Zuwachs an Ökostromanlagen, trotz eines zwischenzeitlichen Booms von stark gefördertem Solarstrom.

Bis 2009 wurde das EEG modifiziert; der angestrebte Anteil von Ökostrom am Strommix stetig erhöht, die Einspeisevergütungen gesenkt.

Der (von der Bevölkerung akzeptierte!) Erfolg der erneuerbaren Energien sowie der 2000 vereinbarte und 2002 beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie waren nicht im Sinne der Kohle- und Atomlobby. 2009 / 2010 setzte sie nicht nur die (zwischenzeitliche) Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, sondern auch eine für die Vermarktung von Ökostrom folgenschwere Änderung des EEG durch.

Doch davon mehr im nächsten Artikel.

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